«Love what you do» – der innere Antrieb ist heute oft wichtiger als Aufstieg, Gehalt und Karriere. Wie sehen Sie das?
Henning Klattenhoff: Die meisten Ingenieurinnen und Ingenieure, die ich kenne, sind nicht zuerst an Karriere interessiert. Die Mehrheit interessiert sich für clevere technische Lösungen, spannende Aufgaben und die Verwirklichung ihrer Ideen in Beton, Stahl und Holz. Auch mich treibt diese Leidenschaft an, wobei es immer auch gesellschaftliche Entwicklungen sind, die ich damit verbinde. Meine Arbeit soll sinnstiftend sein.
Axel Schmidt: Ja, ich glaube auch, wer sich für dieses Studium und diesen Beruf entschieden hat, bringt eine grosse Leidenschaft für Architektur und die Gestaltung unserer gebauten Umwelt mit. Für mich persönlich gab es schon als Kind nichts Tolleres, als mit Legosteinen zu bauen.
Sehen Sie Nachhaltigkeit als vorübergehenden Trend oder als echten Wandel in der Gesellschaft?
Schmidt: Vielleicht erscheint das manchem als Trendthema, weil es gerade in aller Munde ist. Aber ich bin mir sicher, dass eine ökologische und ressourcenschonende Bauweise mittelfristig völlig normal sein muss und sein wird. Meiner Ansicht nach erleben wir gerade die Anfänge eines richtungsweisenden Wandels, den wir in unserem Büro auch mitgestalten möchten. Zum Beispiel haben wir mit der Entwicklung des TypenhausPlus – eines Grundrissbaukastens – eine erfolgreiche Lösung entwickelt. Diese möchten wir nun weiterentwickeln, um in Zukunft nicht nur schnell und günstig, sondern auch umweltverträglich bauen zu können.
Klattenhoff: Die Bedienung von Nachhaltigkeitsanforderungen ist beständig und auch zwingend. Mehr noch: Wir werden viel mehr kommunizieren, andere Arbeitsmethoden etablieren und neue Planungsprämissen entwickeln müssen. Das Spannende am Thema Nachhaltigkeit ist, dass es sehr komplex ist. Der Klimawandel erhöht den politischen Handlungsdruck und die Gesetzgebung drängt folglich auf eine schnelle Entwicklung.

Nachhaltig zu leben, bedeutet oft auch, etwas Bequemlichkeit aufzugeben. Wie motivieren Sie sich in der Familie dazu?
Klattenhoff: Bei uns ist noch etwas Luft nach oben. Bei der Diskussion um den Sommerurlaub hilft die Tatsache ungemein, dass unsere Kinder sich spätestens nach ein bis zwei Stunden Fahrt streiten wie die Kesselflicker. Das grenzt unseren Aktionsradius umweltschonend ein.
Schmidt: (lacht) Manchmal macht Nachhaltigkeit das Leben auch leichter. Ich habe mittlerweile das Gefühl, weniger zu konsumieren, ist befreiend. Ich lebe mitten in Berlin und habe im Grunde alles im näheren Radius. Derart komfortabel hat es aber nicht jeder. Wichtig ist, dass wir generell ein Bewusstsein für den Umgang mit unserer Welt entwickeln und auch kleine Verbesserungen wertschätzen.
Welches konkrete Beispiel können Sie für nachhaltiges Bauen nennen?
Schmidt: Ich würde unser aktuelles Typenhaus-Holz-bauprojekt nennen, dessen Prototyp gerade in Planung ist. Ein Gebäude zu erhalten, in dessen Errichtung viel Energie und viele Baustoffe gesteckt wurden, ist aber auch ein toller Beitrag.
Klattenhoff: Ein Wohnungsbauprojekt mit 40 Einheiten, das wir für Querbeet in Lüneburg planen. Neben dem Holztragwerk werden die Wandbauteile aus Stroh und Lehm gebaut. Eigentlich kann jeder das Bauen nachhaltiger machen. Einfach mal die Heizung einstellen lassen, das Lüftungsverhalten prüfen – und für die ganz Harten: in der Badewanne Blümchen pflanzen, Duschen reicht.

Axel Schmidt
Axel Schmidt beendete 2007 sein Architekturstudium in Cottbus und arbeitete in seinen ersten Berufsjahren für diverse Berliner Architekturbüros. Seit 2011 ist er Teil des Arnold -und Gladisch-Teams. Seit 2020 verantwortet er den Bereich Wohnungsbau. Neben der Arbeit an grossen Projekten nimmt er sich privat von Zeit zu Zeit ein kleines Projekt vor, restauriert alte Möbel und verhilft altem Holz zu neuem Glanz.

«Wir erleben die Anfänge eines richtungsweisenden Wandels, den wir mitgestalten möchten.»
Henning Klattenhoff
Henning Klattenhoff studierte Bauingenieurwesen, Politik und Germanistik in Hannover. Nach knapp 10 Jahren im Handwerk und drei Jahren Ingenieurstätigkeit in London kam er 2008 als Fachbereichsleiter für die Holzbauplanung zu Assmann Beraten + Planen nach Hamburg. Er wohnt mit seiner fünfköpfigen Familie am Hamburger Stadtrand und baut gerne irgendwas im Garten – natürlich hauptsächlich in Holz.

«Es ist die Leidenschaft für Entwicklungen, die mich antreibt.»
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